Die Belle Epoque in Europa
Österreich
Wien: Otto Wagner (1841-1918) I
Villa Wagner I und II
Wie sich der Stil eines Architekten im Laufe einer so aufregenden Zeit wie der Belle Epoque entwickelt, kann man sehr gut am Werk von Otto Wagner beobachten, vor allem an den beiden unmittelbar benachbarten Villen in der Hüttelbergstraße im 14. Bezirk (Penzing). Wagner, der 1857 mit seinem Architekturstudium begonnen hatte und längst bedeutendster Wiener Architekt seiner (und unserer) Zeit war, baute die erste Villa 1886, die zweite 1912/13.
Villa Wagner I (1886)
Diese Gründerzeitvilla wurde von Otto Wagner am Waldrand von Hütteldorf als eigenes Wohnhaus errichtet und ist von Symmetrie bestimmt. Einziges Zugeständnis an neue Tendenzen in der Architektur ist die Verwendung von Eisen beim Geländer des prunkvollen Treppenaufganges. Zwei Pergolen flankieren den quadratischen Mittelbau, der von einer von vier mächtigen Säulen gebildeten Loggia beherrscht wird.
Villa Wagner II (1912/13)
Bereits 1905 plante Otto Wagner für Unterrichtszwecke einen Vorentwurf der Villa, den er dann in leicht veränderter Form als
Witwensitz für seine 18 Jahre jüngere Frau Louise errichten ließ, die aber bereits 1915, drei Jahre vor ihm, in der Villa
starb, woraufhin Wagner 1916 das Haus verkaufte.
Ein Vierteljahrhundert Erfahrung und Weiterentwicklung liegt zwischen dem Bau der Villa I und diesem Haus. Deutlich erkennbar ist die Entwicklung
von einer Neorenaissance zur Moderne, vom Historismus zum eigenständigen Dekor (Ottokar Uhl), die ohne Änderungen der Bautechnik nicht
möglich gewesen wäre. Der kubische Bau mit seinen schmalen, hochrechteckigen, glatt in die Fassaden eingeschnittenen Öffnungen weist
auf die Stahlbetonkonstruktion hin. Wie "eine Krempe ohne Hut" (Friedrich Achleitner) ist das noch an die Renaissance erinnernde Kranzgesims
herabgezogen. Der Dekor beschränkt sich auf schmale, blaue Glasstreifen und Aluminiumnägel, welche die Kanten säumen und das Hauptgeschoss
betonen. Das Glasfenster über dem seitlichen, vorgestuften Eingang mit Perseus und dem Medusenhaupt wurde von
Kolo Moser entworfen und von der Wiener Mosaikwerkstätte
Leopold Forstners ausgeführt.
Postsparkasse (1904-1906)
Hier geht es zu einem virtuellen Rundgang durch die Postsparkasse!
© kuks Hannover
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© Thomas Ledl, Wien
© Thomas Ledl, Wien
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"An der Postsparkasse erinnert nichts mehr an die 'freie Renaissance'. Keine Reminiszenz an historische Stile, keine Palazzoarchitektur, keine Monumentalität aus der Schatzkammer der Überlieferung, sondern alles Nutzstil. Die Materialfragen treten in den Vordergrund. Eisenbeton, Glas, Marmor, Aluminium, Hartgummi usw. sind die Elemente, aus denen sich dieses Werk zusammensetzt. Lauter neue Worte! Daran hätte kein Architekt zur Zeit, als die Länderbank1) gebaut wurde, gedacht. Otto Wagner hat sie entdeckt. Wenn er diese Materialien auch nicht erfunden hat, so hat er ihnen doch die aktuelle Bedeutung gegeben; er hat ihre Nutzanwendung für die Architektur entdeckt." (Joseph August Lux)
1) 1884 im repräsentativen historischen Stil von Otto Wagner gebaut, heute Bundeskanzleramt